Gebrauchtwagenkauf – Prüfliste
In der folgenden Liste gebe ich ein paar Tipps, auf welche Dinge Ihr meiner Meinung nach achten solltet. Das ist meine eigene Vorgehens- und Interpretationsweise, keine 100% ige Checkliste.
Wie bereite ich mich selber als Käufer vor?
Der ADAC empfiehlt hier schon einiges, was man sich mal durchschauen sollte: Link auf ADAC
Hier findet Ihr auch eine Checkliste zur Probefahrt, … und natürlich einen Muster-Kaufvertrag zum runterladen als PDF.
Aber wir fangen noch früher an.
Kaufe ich von Privat oder doch beim Händler?
Die Autohäuser der Markenhersteller haben meist keine gebrauchten Fahrzeuge die älter als 5-6 Jahre sind.
Die Gebrauchtwagenhändler haben meist Fahrzeuge ab dem 5 Lebensjahr nach oben offen meist aber auch nur bis 10-12 Jahre alt.
Was älter ist wird durch die 6 monatige Händlergarantie für die Händler möglicher Weise zu teuer und geht in den Export.
Von Privat wird meist verkauft was man hat, also alles ist möglich.
Ein Händler muss 6 Monate Garantie geben, wobei die sich nicht auf Verschleißteile beziehen, von Privat gibt es keine Garantie.
Ein Händler wird die möglichen Garantiekosten, sowie Ladenmiete, seine Lebenshaltungskosten in den Preis hinein kalkulieren, eine Privatperson muss das nicht. Da sind (je nach Fahrzeugklasse) im Verkaufspreis schon mal 1.000 bis 3.000€ Differenz möglich.
Wo Ihr lieber kaufen möchtet ist Eure individuelle Entscheidung.
Was suche ich eigentlich?
Macht Euch zuerst alle Überlegungen, was Ihr überhaupt haben wollt? Klimaanlage oder Klimaautomatik? Handschalter oder Automatikgetriebe? Benziner oder Diesel, oder Hybrid, ….?
Großer Kofferraum (zB. Kinderwagen) oder nicht, dafür mehr Fußraum auf der hinteren Sitzbank?
Macht Euch einfach eine Tabelle (am besten in Excel oder LibreOffice) Wo Ihr alle Dinge, die Ihr bedenkt untereinander eintragt.
Dann geht hin und macht in der rechten Spalte daneben ein M = MUSS oder K=KANN oder X=nicht notwendig.
Nun schaut Ihr Euch Annoncen an und füllt die Tabelle für die in Frage kommenden Fahrzeuge aus. Ich habe hier mal eine kurze Liste als Beispiel erstellt.
Marke | M= MUSS | VW | Ford | FIAT |
Modell | K= KANN | TIGUAN 2.0TDI | KUGA 1.5 MHD | X600 |
Version | X = nicht wichtig | Adventura | Ghia | |
Preis | 15.800€ | 14.300€ | 12.000€ | |
Klimaautomatik | M | Ja | Ja | Nein |
Automatikgetriebe | M | Nein | Ja | Nein |
5-Türer | M | Ja | Ja | Ja |
Panorama-Sonnendach | K | Nein | Nein | Nein |
Alu-Felgen | M | Ja | Ja | Ja |
Winterreifen | X | Ja | Nein | Nein |
Diese Liste kann Euch helfen die Fahrzeuge zu sieben und Euch auf einige Interessante zu konzentrieren. Wenn Ihr dann Eure 2-3 Favoriten gefunden habt schaut in den Internet-Auto-Börsen gezielt nach diesen Modellen, denn jetzt geht die Suche erst richtig los.
Wenn Ihr dann einige Besichtigungen eingeplant habt, macht Euch vorher nochmal eine Liste (oder druckt die „Zubehör“ oder „Fahrzeugausstattung“ der Annonce einfach aus), damit Ihr am Fahrzeug prüfen könnt ob alles wirklich vorhanden ist. Aber was ist noch zu prüfen?
Vor-Ort-Prüfliste
- Aussenansicht
- Rundgang um das Fahrzeug (stehend) – Hat es Beulen, die nicht erwähnt wurden? Gibt es Roststellen (besonders Fensterrahmen und Türunterkanten)
- Rundgang um das Fahrzeug (gebückt) – wie sieht es an der Karosserie zum Unterboden aus?
- In die Knie – Nun mal von hinten und von vorne unter das Auto schauen. Hinten können wir sehen, ob der Auspuff, die Reserveradmulde, das Fahrwerk rostig sind. (Etwas Rost am Fahrwerk ist normal, meist Flugrost). Vorne prüfen wir auf Ölundichtigkeit und ob der Wagen vorne unter dem Stoßfänger über den Kantstein „geschrubbt“ wurde.
- Ein Blick in den Kofferraum. Meist ist der Teppich ausgesaugt und sieht gut aus, schaut drunter, den kann man hochheben. Schaut auch mal unter das Reserverad (wenn vorhanden) oder die Mulde. Liegt hier Dreck, gibt es auch „Scheuerpotential“ für Lackschäden und somit möglichen Rost, schaut mal genauer hin. Wenn da kein Rost ist, sauber machen und gut.
- Lackprüfung: Geht mit und gegen das Licht (Sonne oder Taschenlampe) ums Auto und schaut ob es Lackunregelmäßigkeiten (ist der Lack glatt oder porig, hier etwas heller als da, …) gibt. Wenn ja, wurde sicherlich etwas nachlackiert. Fragt den Verkäufer nach Unfällen und Reparaturen und schaut selber nach ob es sich ggf. um einen Unfall handeln könnte.
- Schaut Euch die Felgen an. Sind da viele Parkrempler (Kratzer, Dellen), ist der Besitzer nicht schonend damit umgegangen
- Schaut Euch die Reifen an
- an der Flanke (also Außenseite), alles OK, keine Beulen oder Abscharbungen
- Das Profil, wieviel hat der Reifen noch (der Rand einer 1€ Münze in den Spalt gesteckt und verschwunden ist super, ist der Rand sichtbar, braucht Ihr bald neue Reifen)
- Haube auf! Nun schauen wir unter die Motorhaube.
- Alles blitzeblank, wie neu? Dann hat der Verkäufer eine Motorwäsche gemacht und hat ggf. etwas zu verbergen.
- Bei normaler Verdreckung schauen, ob sich kleine Tatzenabdrücke finden lassen, bzw. ob die Motorhaubendämmmatte zerfleddert ist. Wenn ja war der Mader da und es könnte Folgeschäden geben, weil ein Kabel oder Schlauch angeknabbert ist. Die zahlt aber die Teilkasko, wenn was passiert.
- Schaut in alle Senken die man sehen kann, ist hier irgendwo Öl (also sichtbar, nicht nur Feuchte) oder Wasser, ist irgendwas undicht, das kann teuer (muss aber nicht) werden.
- Schaut auch nach weißen „kalkartigen“ Ablagerungen, vor allem rund um Schläuche und Behälter. Wenn hier sowas vermehrt auftritt (und ich meine keine Aluminium Oxidation) kann am Kühlkreislauf etwas undicht sein.
- Schaut auf den Kühlmittelausgleichbehälter. Stimmt der Stand (über Minimum, unter Maximum) bei kaltem Motor? Ist die Flüssigkeit eher braun oder rötlich? Rötlich ist OK, Braun heißt alt und ein Tausch liegt an.
- Ihr könnt auch den Öldeckel für das Nachfüllen abdrehen und von Innen anschauen. Viele Ablagerungen sind kein schlechtes Zeichen, deuten aber auf mangelnde Wartung hin.
- Jetzt einen Lappen gezückt und den Ölpeilstab rausziehen. Wie ist das Öl hell (Ölwechsel vor nicht allzu langer Zeit) oder dunkel (Ölwechsel schon länger her). Ist alles leichtflüssig, oder klebt am Stab Modder? Nochmal reinstecken und nach 5 Sekunden wieder rausziehen
- Gibt es einen Ölwechselzettel? Wenn ja, wie alt und bei welchem km-Stand? Ist der älter als 2 Jahre wurde der Wagen schlecht gewartet.
- Vorne gibt es den Klimaanlagenaufkleber, Hier könnt Ihr sehen welches Gas da reingehört und wann es befüllt / aufgefüllt wurde. Wenn das lange her ist achtet beim Fahren auf Geräusche der Lüftung / Klimaanlage
- Wer will (und wenn zugänglich) kann sich auch noch den Luftfilter ansehen
- Nun aber ein Blick in die gute Stube
- Öffnet alle Türen und schaut Euch die Sitze und die Fußmatten / den Boden an. Sauber, keine Verklebten Reste, keine Flecken oder Brandlöcher in den Sitzbezügen. Flecken kann man mit Eigenleistung und Polsterschaum auch selber entfernen.
- Stimmt der Tachostand der Laufleistung zur Abnutzung der Sitze und der Gummis auf den Pedalen.
Hat der Wagen zB. 100tkm auf dem Tache und die Pedalgummis sind ohne Profil, die Sitze ausgesessen, dann wurde vielleicht am Tacho manipuliert. - Wird der Wagen mit Schlüssel geöffnet, probiert alle Schlösser aus, nicht das eines getauscht wurde und ein Schlüssel fehlt.
- Sind die Türverkleidungen sauber und ohne allzu große Abnutzungsspuren, ist das Armaturenbrett rissfrei, lässt sich das Handschuhfach öffnen?
- Was liegt im Handschuhfach drinnen, vielleicht noch alte Rechnungen? Schaut hier auf den km-Stand der Rechnungen und das auch im Verhältnis zum Fahrzeugalter. Ergibt das Sinn? Ist vielleicht eine Rechnung mit höherem km-Stand enthalten, als auf dem Tacho steht?
- Ist das Bordbuch und die Fahrzeugmappe vorhanden?
- Ist Schalthebel und Lenkrad blank, aber der Wagen hat keine 100.00km auf dem Tacho, Vorsicht. Allerdings: Frauen, die sich häufig die Hände eincremen hinterlassen einen Fettfilm auf den Bedienelementen, das kann man reinigen.
- Geht die Innenbeleuchtung, geht die Fußraumbeleuchtung, die Ausstiegsbeleuchtung (falls vorhanden)
- Wie sehen die Gummibeläge der Pedale aus? Sind die Gummis auf den Pedalen stark abgenutzt, der Wagen hat aber nur wenige km runter passt das nicht
- Nun aber setzen
- Jetzt wird Platz genommen, ruhig mal auf allen Plätzen (natürlich nacheinander)
- Wie sieht der Wagen von der Innenansicht aus? Alles OK?
- Lässt sich der Sitz für die individuellen Maße gut einstellen?
- Funktioniert die Kombianzeige / Bordcomputer (Zündung auf I) ?
- Funktioniert die Spiegelverstellung?
- Funktionieren alle Fensterheber?
- Alle Türen zu und Lüftung auf volle Pulle (Wenn Möglich nur Innenluftzirkulation). Mufft es, dann sollte man die Lüftung desinfizieren lassen, da sich sonst Bakterien sammeln.
- Nun Motor an und im Leerlauf tuckern lassen. Ist die Drehzahl (ohne Gas zu geben) stabil, oder schwank diese?
- Sind alle Warnleuchten im Armaturenbrett ausgegangen? Nein, ooops Wo ist der Fehler?
- Nun Klimaanlage anschalten und Luftstrom (also Gebläsestärke) auf niedrig, gibt es Geräusche? Wenn ja kann es sein, dass die Klimaanlage aufgefüllt werden muss, besser gleich einen Klima-Service machen lassen
- Wenn die Sitzheizung eingebaut ist ausprobieren, auch wenn gerade Sommer ist. Sonst bleibt das Hinterteil im Winter kalt.
- Und los geht es, Probefahrt
- Der Eigentümer kommt ja meist mit, lasst ihn nicht so viel reden, Ihr wollt den Wagen hören
- Wenn Ihr ausparken müsst und der Wagen hat eine Kamera, geht die auch? Parkpiepser, sind die auch aktiv?
- Macht eine Runde von mindestens 10km, etwas Stadt, Landstraße und wenn möglich Autobahn.
- Ruckelt der Wagen, Kommt er aus den Pötten, also beschleunigt er gut?
- Bei Automatikgetriebe. Schaltet er sanft oder hakelig. Bei Handschaltung, flutschen die Gänge? Rutscht / Schleift die Kupplung?
- Steht das Lenkrad bei Geradeausfahrt waagerecht, oder schief (Dann ist was verzogen oder Spur verstellt)
- Lasst das Lenkrad bei 50km/h oder 80km/h auf ebener und gerader Strecke 1-3 Sekunden los, der Wagen sollte weiter geradeausfahren, sonst ist was faul.
- Wie sitzt es sich? Wie ist der Ausblick nach hinten und mit den Spiegeln?
- Und nun zur Zubehörliste
- OK hier halte ich es kurz. Der Wagen hat noch andere Dinge, probiert diese aus
- Panoramadach öffnen und schließen
- Soundanlage testen
- Abstandsradar und weitere Assistenten….
- OK hier halte ich es kurz. Der Wagen hat noch andere Dinge, probiert diese aus
- Am Ende macht gemeinsam mit dem Verkäufer eine Fazit Betrachtung
- Wenn der Wagen Euch nicht gefällt, dankt dem Verkäufer für die Zeit und sagt auch, dass er Euch nicht gefällt, bzw. was Euch stört.
Dann kann der Verkäufer das auch besser einordnen. Hinhalten ist nicht fair. - Wenn Ihr Fragen habt, weil Euch irgendetwas aufgefallen ist, ist jetzt der Zeitpunkt diese zu stellen.
- Wenn Ihr Dinge gesehen habt, die gemacht werden müssen, ist das ein gutes Argument um den Preis zu verhandeln / zu drücken, aber lasst die Kirche im Dorf.
- Wenn Euch der Wagen gefällt, dann fragt nach möglichen Rabatten / Nachlässen, wie er sich das mit der Übergabe vorstellt, …
- Sagt ruhig, dass Ihr noch weitere Fahrzeuge anschauen wollt.
- Lasst Euch die Handynummer geben, falls Ihr später noch Fragen habt
- Wenn der Wagen Euch nicht gefällt, dankt dem Verkäufer für die Zeit und sagt auch, dass er Euch nicht gefällt, bzw. was Euch stört.
So nun habt Ihr einen Termin hinter Euch gebracht. Nehmt Euch einen Zettel und schreibt Eure Gefühle und was Ihr über das Auto denkt auf. Nach 5 Besichtigungen und Probefahrten wisst Ihr nichts mehr genau über das erste Fahrzeug.
Wenn alles passt, der richtige Wagen in der richtigen Konstellation dabei ist: Was sagt das Bauchgefühl?
Alles OK? OK, dann geht es weiter mit dem Kauf, aber das überlasse ich Euch.
Hinweis: Achtet auf bei relativ neuen Fahrzeugen auf "unverhältnismäßig sehr günstige" Angebote. Gerade in Grenznähe (u.a. in NRW zu Belgien, oder auch an anderen Grenzbereichen) kommt es laut Fernsehberichten zu Verkaufsabsichten, wo der Kunde dann zuerst einen innerdeutschen Treffpunkt ausmacht, dann aber nicht da ist und man selber über die Grenze (nur 15km weiter) kommen soll. Hier scheint einiges nicht "koscher". Aber die meisten Händler und Privatleute sind normale Verkäufer. Und nehmt Euch auch in acht vor Autos, die plötzlich in Schweden stehen und nicht in Bremen. Wenn Ihr da das Geld überweist, damit der Wagen per Spedition nach Deutschland kommt, dann ist das Geld futsch und es kommt auch kein Auto..... Hinweis 2: Ihr dürft aktuell noch einen Wagen in Bar bezahlen, zukünftig soll das aber auf 10.000€ oder weniger beschränkt werden. Bezahlt lieber mit Eurer Bankig App und nutz die (inzwischen kostenfreie) Sofortüberweisung, da ist das Geld nach 10 Sekunden beim Empfänger. Und es geht immer Zug um Zug, also Geld gegen Fahrzeugpapiere, nie nacheinander.